Fachaustausch der Jugendbildungsstätte Kaubstraße - Retrospektive vom 15.11.2017

Am Anfang steht der Prozess. Und in der Mitte auch. Am Ende sowieso. Einen Fachaustausch inhaltlich zu einem Prozess zu gestalten ist so ähnlich wie eine Bewegung in ein Fossil zu verwandeln: Es gelingt fast nur, wenn die Bewegung ansteckt, das Fachpublikum berührt und eine Gewohnheit unterbricht.

An einem Novembermittwoch verdrehte die Jugendbildungsstätte Kaubstraße mit zahlreichen Kooperationspartner*innen Dinge, die verdreht gehören: Statt einer Einführung in die Projektarbeit zu lauschen, befanden sich die Besucher*innen plötzlich in einem Museum. Ausgestellt wurden Wurzeln, Erste Schritte, Fallstricke, Perspektiven und Kooperationen. Zwischen den Ausstellungsobjekten und Zuschauer*innen erschienen Fragen:

Wie können Kooperationen auf einer Augenhöhe funktionieren? Welche Wege führen aus paternalistischen Projekteideen? Und warum ist es nach wie vor notwendig, über Rassismen, insbesondere über den spezifischen Rassismus gegen Sinti* und Roma* zu sprechen, ihn aufzuzeigen und dagegen anzugehen?

       

Das Ver*Lernen war der Rote Faden der Veranstaltung. Er war aber auch unser Springseil zwischen den Konstruktionen unserer Vorurteile und den wandelbaren Realitäten, nicht nur in der Bildungsarbeit.

Ein wortloser Vortrag von ManuEla Ritz etwa, Antidiskriminierungstrainerin und Autorin, ließ das Fachpublikum die Ohren spitzen für eigene Sprech- und Denkblasen im Spiegel von machtvollen Deutungsmustern.

Der Input von Saraya Gomis, Antidiskriminierungsbeauftragte für Schulen und Lehrerin, eröffnete uns zahlreiche Perspektiven für das Empowerment von Schüler*innen unterschiedlicher Zugehörigkeiten.

                                       

Die Aktivistin und Filmemacherin Tayo Awosusi-Onutor stellte ihren wichtigen Dokumentarfilm Phral mende – Wir über uns als ein vielstimmiges Selbstportrait vor, in dem über bürgerrechtliches Engagement, Erinnerungskultur und Alltagsrassismus verhandelt wird. Der Raum wurde dichter und die Fragen dringlicher als Joschla Melanie Weiss und Sandra Selimović mit ihrer Theaterperformance die Konstruktion der Anderen, die Gewalt und die folgenreichen Verletzungen des Gadjé-Rassismus aufzeigten.

Der Nachmittag bekam zwei Schlaufen im Roten Faden: In zwei flexiblen Workshopangeboten konnte sich das Fachpublikum entweder zu Rassismusreproduktionen in Bildungsveranstaltungen austauschen. Oder es reflektierte den weißen Projektepaternalismus im zweiten Workshop, um im Folgenden über strukturelle Bedingungen und korrelierende Werte zu sprechen.

           

Am Ende lud die Autorin und Poetry Slammerin Svenja Gräfen zu einer wortakrobatischen Zusammenfassung ein. In dieser überführte sie die Veranstaltung in eine gereimte Blaupause der eigenen privilegierten Ungereimtheiten. Den Slam können Sie/ könnt Ihr weiter unten anhören und ansehen.

Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei allen Mitwirkenden für diesen besonderen Tag und freuen uns weiter auf wunderbare und lehrreiche Momente des Ver*Lernens!

Hier können Sie sich/ könnt ihr euch den Film zu dem Fachaustausch anschauen. Die Musik im Film leiht uns höchst freundlicherweise Chris Zabriskie mit der Komposition: 'I Am a Man Who Will Fight for Your Honor".

 

Film: Die Kunst des Ver*Lernens

Und hier ist der Link zu dem Flyer.

 

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